Richtungsweisendes Urteil zu Zubehör-Felgen

Bei einem Fahrzeug erlischt die Betriebserlaubnis nur dann, wenn durch die Zubehörräder eine Gefährdungserwartung besteht. Davon ist nicht auszugehen, wenn ein Hersteller seine Räder für öffentliche Straßen entwickelt hat und entsprechend anbietet.
Bedeutet also, man darf mit solchen Rädern uneingeschränkt fahren. Dabei brauchen die Hersteller für die Räder weder eine ABE noch sonstiges Gutachten, auch ein Eintrag in die Fahrzeugpapiere ist nicht nötig. Das gilt bundesweit.

Konkret:

Der Kläger ist Halter eines Motorrads und beabsichtigte dessen Umrüstung mit Carbon-Rädern. Für das umgebaute Motorrad wurde die Erteilung einer Betriebserlaubnis abgelehnt. Begründung ist, es existierten weder ausreichende Erkenntnisse für eine umfassende Bewertung von Kunststoffrädern noch geeignete Prüfverfahren. Daraufhin wurde Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Sonderräder dem einschlägigen britischen Standard BS AU 50 entsprächen und in Großbritannien über eine Betriebserlaubnis zur Verwendung im öffentlichen Straßenverkehr verfügten. Aufgrund von Unionsrecht müssten sie daher auch in der Bundesrepublik zugelassen werden.

Der VGH stellte nunmehr dazu fest:
Die Betriebserlaubnis eines Motorrads erlischt nicht, wenn es auf in Großbritannien hergestellte und den dortigen Sicherheitsanforderungen entsprechende Carbon-Räder umgerüstet wird. Den Nachweis, dass durch den Einbau dieser Carbon-Räder die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werde, habe die Zulassungsbehörde nicht erbringen können.
Diesen Nachweis habe entgegen der Ansicht des beklagten Landes die Zulassungsbehörde zu erbringen. Dies gebiete das hier anzuwendende Unionsrecht.

Durch die Weigerung, nach der Umrüstung mit den in Großbritannien hergestellten Carbon-Rädern die Fortgeltung der Betriebserlaubnis anzuerkennen, werde in die unionsrechtliche Warenverkehrsfreiheit eingegriffen. Der Handel mit diesen Sonderrädern innerhalb der Europäischen Union werde in einer Art beeinträchtigt, die einem Importverbot gleichkomme. Ein solches Verbot könne zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Sicherheit des Straßenverkehrs gerechtfertigt sein. Die Zulassungsbehörde dürfe sich aber nicht auf eine allgemeine Vermutung stützen, sondern müsse ihre Einschätzung wissenschaftlich untermauern. Soweit sie sich auf das Vorsorgeprinzip berufe, müsse sie auf der Grundlage der zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neuesten Ergebnisse der internationalen Forschung belegen, dass die Existenz oder die Tragweite der behaupteten Gefahr nicht mit Sicherheit bestimmt werden könne.

Diesen Nachweis habe die Zulassungsbehörde nicht erbracht. Der Hinweis, dass die Räder für die Fahrstabilität von Motorrädern von großer Bedeutung seien, genüge nicht. Den vom Regierungspräsidium vorgelegten Gutachten sei zwar zu entnehmen, dass ein Prüfprogramm für carbonfaserverstärkte Kunststoffräder noch nicht entwickelt und daher der experimentelle Festigkeitsnachweis noch nicht erbracht sei. Es gebe aber keinen Hinweis darauf, dass die den britischen Sicherheitsanforderungen entsprechenden Carbon-Räder gegenüber herkömmlichen, aus Leichtmetall gefertigten Rädern ein gesteigertes Gefährdungspotenzial aufwiesen. Auch gebe es keine Berichte über Unfälle, auch nicht aus dem Bereich des Rennsports, wo die Carbon-Räder bereits verwendet würden.

Quelle: VGH Baden-Würtemberg, Az. 10 S 1857/09


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