Ergebnisse des Verbraucherforum „Motorradlärm“ des Umweltbundesamtes

1.6 Fahrstil

Für viele ist das Motorradfahren ein stark emotional geprägtes Erlebnis, zu dem, wie
der Vertreter der Fahrerinnen und Fahrer betonte, der „Sound“ dazugehört. Motorradfahrer seien Individualisten mit sehr unterschiedlichen Marken- und Typenvorlieben, ‚Soundwünschen’ und Fahrstil. Die Geräuschemissionen der Motorräder im Betrieb variieren mit der Fahrweise, da die Emissionen steigen mit zunehmender Drehzahl stark ansteigen und das Klangbild ändern. Eine hochtourige Fahrweise kann den Schalldruckpegel um 15 bis 25 dB erhöhen. So kann die Kombination von Fahrstil und ‚individuellem Sound’ durch Nachrüstschalldämpfer und/oder Manipulation zu einer extremen Steigerung der Emissionen führen.
Dass dies bei weitem nicht für alle Fahrer gilt, wurde von verschiedenen Referenten betont. So wurde vom BUND der Anteil der „Genießer“ auf 2/3 und der „Raser“ auf 1/3 geschätzt. Während die „Genießer“ selten Ursache von Belästigungen sind, suchten die letzteren den Thrill in Beschleunigung und Kurvenfahrten und demonstriertem Fahrkönnen gern vor Zuschauern. Unter diesen sei ein Problembewusstsein kaum vorhanden; die Störung Anderer werde meist unterbewertet und in Kauf genommen. Diese Einschätzung wird im Prinzip auch von den Fahrerverbänden geteilt, jedoch wird der Anteil der „Raser“ oder „Rowdys“ sehr viel geringer geschätzt.

1.7 Problemgebiete – Hotspots

Konflikte um Motorradgeräusche treten oft in sonst ruhigen, landschaftlich reizvollen Gegenden auf, die sich eher durch die Abwesenheit von technischen Geräuschen auszeichnen. Dies geschieht vorwiegend an Wochenenden und Feiertagen, in denen sowohl Motorradfahrer zur ‚Ausfahrt’ aufbrechen als auch Anwohner und Touristen Ruhe und Erholung suchen. Es handelt sich somit vorwiegend um ein ‚Freizeitproblem’ mit starken räumlichen und zeitlichen ‚Hotspots’, das durch unterschiedliche Nutzungsinteressen als auch durch die Menge an Fahrzeugen bedingt wird. Es sind die Strecken beliebt, die landschaftliche reizvoll und / oder fahrtechnisch anspruchsvoll und herausfordernd sind. Hier zeigt sich ein Unterschied zwischen den verschiedenen Fahrertypen. Während für die einen die Umgebung relevant ist, werden anspruchsvolle Strecken oft wegen der fahrtechnischen Herausforderung aufgesucht. Aus Sicht der Lärmbetroffenen liegt das Problem sowohl in der Zahl der Fahrzeuge, als auch in der Art der Geräusche, die nicht in eine Umgebung passen, in der Ruhe bzw. Naturgeräusche erwartet werden.

1.8 Geräuschcharakteristika

Motorradgeräusche zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus: Sie enthalten tonale Anteile, die sich wie der Schalldruckpegel mit der Motordrehzahl ändern, und besitzen gelegentlich auch eine ausgeprägte Rauhigkeit. Da Motorräder meist einen relativ weiten Drehzahlbereich umfassen und die Drehzahl sich sehr schnell ändern kann, führt dies dazu, dass Motorräder aus anderen Geräuschen meist gut herausgehört werden können. Bei ‚sportlicher’ Fahrweise ist das Fahrgeräusch stark von schnellen Frequenz- und Pegeländerung geprägt. Geräusche mit solchen zeitlichen Strukturen werden als besonders störend empfunden.

1.9 Zusammenfassung der Probleme

Konflikte treten oft entlang von Hotspots auf, wobei die Ursache in der absoluten Zahl der Fahrzeuge als auch in akustisch besonderes dominierenden Fahrzeugen liegt. Diese Dominanz entsteht durch die Fahrweise, die zu hohen Fahrgeräusche einzelner Maschinen oder der Kombination aus beidem.
Die Polizei kann Motorräder
a) optisch auf Manipulationen und die Verwendung nicht zugelassener Bauteile und
b) akustisch auf die Einhaltung des Standgeräuschs gemäß Fahrzeugpapieren
kontrollieren. Manipulation oder nicht für das konkrete Fahrzeug zugelassene Bauteile sind nur schwer zu erkennen und nachzuweisen, weil den Behörden im Allgemeinen kaum Informationen über Bauteile vorliegen.
Akustische Messungen durch die Polizei beschränken sich bislang auf das Standgeräusch, das jedoch kaum mit dem Fahrgeräusch zusammenhängt, welches die eigentlichen Probleme verursacht. Überschreitungen des Fahrgeräuschgrenzwertes können so nicht nachgewiesen werden. Eine vereinfachte Vorbeifahrtmessung, die
bei Kontrollen eingesetzt werden könnte, ist erforscht, aber derzeit nicht umgesetzt. Fahrzeugbeschlagnahme und Begutachtungen durch Sachverständige sind wegen des derzeit sehr geringen Strafmaßes bei Verstößen unverhältnismäßig.

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